Borderline Beziehung 

Borderline und Bindung – Teil 1

Was ist die so genannte Trauma Bindung bzw. das Trauma-Bonding? Diese Frage soll im folgenden Artikel beantwortet werden. Er ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil wird die Perspektive eines Menschen geschildert, der aufgrund komplexer Traumata* eine sogenannte Borderline-Störung entwickelt hat.

Im zweiten Teil wird komplementär zum ersten Teil, die Sicht der Person geschildert, welche sich in der Beziehung mit dem „Borderliner“ befindet. Der dritte Teil handelt schließlich vom Phänomen das als Trauma-Bindung oder Trauma-Bonding bezeichnet wird und warum dies zu einer tief empfundenen Verbundenheit führt, aus der man sich nur schwer lösen kann.

*In der ICD-11, die 2022 in Kraft tritt, gibt es erstmals die eigenständige Diagnose „komplexe posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS)“


„Bis der Trigger uns scheidet“

Lara ist 36 Jahre alt und hat als 25jährige die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung bekommen. Lara ist seit eineinhalb Jahren mit Sven zusammen. Sie ist in ihrem Job sehr erfolgreich, hat aber Schwierigkeiten in der Beziehung. Lara lässt uns Teil haben an ihrem inneren Leben und ihren Gedanken.

Laras Tagebuch aus dem Jahr 2015

Es ist das eine, mit einer Diagnose belegt zu werden, vielleicht noch ein wenig Literatur dazu zu konsumieren. Man tröstet sich damit, dass man eigentlich ganz gut funktioniert, hält die alten Narben für Ausrutscher der Jugend und die Sehnsucht nach den Extremen für ein Relikt der Kindheit.

Denkt vielleicht noch, dass die Diagnose irgendeine Form von Benennung ist für etwas, was man ohnehin nicht benennen kann – nämlich die eigene Persönlichkeit. Sinniert ein wenig darüber, wie Namen völlig überbewertet werden angesichts der Vielzahl von Aspekten einer Person; wie sie so wenig geeignet sind, Identitäten zu kennzeichnen als sie auch ungeeignet erscheinen, Identitäten zu bilden.

Ich musste mir eingestehen, dass ich bereits vor langer Zeit angefangen habe, zu akzeptieren, dass Wahrheiten nicht absolut sind und durchaus mehrere verschiedenartige nebeneinander oder hintereinander existieren können, auch wenn das mit Logik nichts zu tun hat. Ich weiß, weshalb meine Bewertungsstufen nicht von weiß nach schwarz über changieren, sondern in einem schwarz-weiß-marmorierten Fleckenteppich verharren.

Ich habe verstanden, was eine Identitätsstörung ist. Die schillernden Teile meiner Person, die ich gefunden habe, wollen einfach keine Einheit bilden, wenn ich sie visualisiere. Es sind viele, und ich krieg sie auch zusammenhängend, aber sie bleiben trotzdem unverbunden. Ich bin viele Möglichkeiten, das Potential ist da, aber wo ist das Sein? Ersatzweise definiere ich mich ein bisschen über Dinge, die ich gut kann, Dinge die ich habe, und Dinge, die ich sein möchte.

Ich weiß, weshalb ich diese schmerzhafte Zerrissenheit spüre, die mich teilweise über lange Phasen zum Nachdenken zwingt, wenn ich nicht irgendwo das Drama herbekomme. Aber das Drama ist sozialschädlich, und ich WILL mein soziales Umfeld nicht schädigen. Es ist schwierig, die Zerrissenheit einfach so wegzubekommen, fast unmöglich. Ich wünschte, ich hätte wenigstens ein einziges verlässliches Ventil, was nicht in irgendeiner Art und Weise schädlich ist. Sport o.ä. hilft hier nicht. Eigentlich hilft überhaupt nichts, was nicht extrem ist, mir fällt nichts ein.

Ich brauch es dann, dass jemand böse zu mir ist und ich weinen und mich als Opfer fühlen darf. Jedenfalls ist das der schnellste Weg zum inneren Frieden. Irgendwie erbärmlich.

Ich habe ein ganz großes Benefit der Störung verstanden – den Umstand, weshalb ich einen anderen fühlen kann wie mich selbst, wenn ich mich darauf konzentriere. Das ist beängstigend. Ich weiß positiv, dass andere in meinem Umfeld das nicht können. Andocken, ja? Das war schon in meiner Jugend so. Wenn ich anderen Dinge antat, war es, als würde ich es selbst fühlen, ganz krass.

Als einigermaßen vernunftbegabter Mensch ist das schon für mich selbst harter Tobak. Ich kann auch nicht verstehen, weshalb mein Partner sich die Auswüchse antut. Er könnte meiner Meinung nach von seinen masochistischen Trieben Abstand nehmen und sich in jemand anderen verlieben. Nicht dass ich der Ansicht wäre, eine andere wäre besser, aber sehr wohl der Ansicht, besser für ihn.

Das einzige, was nach außen hin offenkundig in meinem Leben behindert, ist, dass ich Beziehungen nicht einfach so führen kann. Ich will nicht ohne den Thrill, die Verlustangst, das Drama. Ich kann dann nicht, und zwar gar nichts. Vor allem nicht fühlen, das ist das allerschlimmste. Und es tut mir jedes Mal so leid für meinen Partner, wenn ich nichts fühle, weil mir nichts weh tut.

Lara uns Sven im Urlaub 2019

Es ist schon wieder passiert. Gerade wenn alles gut zu laufen scheint…

Lara und Sven sind gerade im Urlaub in einem Restaurant. Auf dem Weg ins Restaurant, teilt Sven Lara mit, dass er auf einen wichtigen Anruf von seinem Geschäftspartner wartet. Es handle sich um einen großen Auftrag und wäre ein riesiger Schritt in seinem Geschäftsleben.

Bisher ist es ein entspannter Abend in einem entspannten Urlaub. Als das Essen zum Tisch kommt, klingelt Svens Handy. Er sagt Lara, dass es der Anruf sei, auf den er warte. Sven steht auf um ein paar Meter vom Tisch wegzugehen, da die Musik am Tisch etwas laut ist.

Am Telefon ist sein Geschäftspartner. Das Gespräch dauert ca. 15 Minuten. Für Lara eine gefühlte Ewigkeit. Als Sven zurück zu dem Tisch eilt um Lara die gute Nachricht mitzuteilen, fängt Lara an, ihn anzuschreien und zu beschimpfen:

„Nie mehr werde ich mit Dir irgendwo hingehen! Du lässt mich hier alleine sitzen um Gott weiß mit wem reden zu können.
Ich halte das nicht mehr aus. Kannst alleine hierbleiben. Ich habe den ersten Flieger morgen früh gebucht, Du egoistisches Schwein. So was wie Dich tue ich mir nicht mehr an! F*** Dich.“
Lara steht auf und geht.

„Ach übrigens, ich habe mir ein Zimmer am Flughafen gebucht, während Du Dich am Telefon amüsiert hast. Leb wohl Du Ar****.“

Sven ist wie erstarrt. Er wollte nur die Freude mit Lara teilen, einen großen Auftrag bekommen zu haben und wurde nun beleidigt und angeschrien. Sven bleibt sitzen, denn er wusste aus vielen vorherigen Situationen, dass es nichts bringt hinterher zu laufen. Oder doch?

Als er eine Stunde danach Lara anruft, schreit sie in den Hörer:

Was willst du? Erst jetzt anrufen? Na, hast du wieder telefoniert als ich weg war? F*** dich.“ – aufgelegt.

Sie blockiert Sven auf ihrem Handy. 

Nachdem Lara aufgelegt hat, bricht sie zusammen. Ein altbekannter Schmerz umhüllt ihren Körper. Ein emotionaler Flashback wirft sie um viele Jahre zurück. Ein Teil von ihr, aus ihrer Vergangenheit ist wieder mal aktiv geworden Im Hier und Jetzt.

Lara ist 36 Jahre alt und sie weiß was mit ihr los ist und wieso ihre Reaktionen manchmal sehr heftig sind. Dennoch sind diese nur sehr schwer regulierbar.

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